Don Trueten :antifa:<p><strong>Ein unfreiwilliger Soldat im Kulturkrieg oder: Es ist mir ehrlich gesagt nicht so wichtig, trans zu sein, aber hier sind wir nun einmal</strong></p><p>Ich habe mir den <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Kulturkrieg" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Kulturkrieg</span></a> nicht ausgesucht, der Kulturkrieg hat mich ausgesucht. Wenn ich auf mich allein gestellt wäre, würde ich gerne wieder so tun, als wäre mir mein <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Geschlecht" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Geschlecht</span></a> scheißegal. In meinem Kopf sind meine Pronomen sowieso „ich/mir/mein“. Ich schaue nicht jeden Morgen in den Spiegel und denke: <em>„Ah, ja, da bin ich, eine wunderschöne Transfrau.“</em> Ich suche nur nach Muttermalen, die vielleicht eine Biopsie benötigen. Ich rasiere mir nicht das Gesicht und denke dabei: <em>„Das mache ich besser, damit ich eine bessere Transfrau werde!</em>“ Ich möchte einfach nur wie ich aussehen, also benutze ich einen Rasierer, um mich wie mich aussehen zu lassen, denn <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Covid" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Covid</span></a> hat meine Laser-Haarentfernung unterbrochen und ich bin noch nicht dazu gekommen, von vorne anzufangen.</p><p>
Wenn ich jedoch die Straße entlanggehe, denke ich, je nachdem, wie ich gekleidet bin, tatsächlich: <em>„Hier gehe ich, eine Transfrau, die Straße entlang.“ </em>Nicht, weil ich das Gefühl habe, dass ich auf eine bestimmte Art und Weise gehen muss, sondern weil meine <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Sicherheit" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Sicherheit</span></a> davon abhängt, dass ich mir bewusst bin, wie andere mich wahrnehmen. Das <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Geschlecht" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Geschlecht</span></a> fühlt sich weniger wie etwas an, das ich bin, sondern wie andere Menschen mit mir umgehen.
</p><p>Ich stelle mich den Leuten nicht als Margaret vor und denke: <em>„Oh Mann, ich kann es kaum erwarten, dieser Person klarzumachen, dass ich eine Transfrau bin!“</em>, sondern weil Margaret mein Name ist. Wenn ich die für mich wichtigen Beschreibungen auflisten würde, stünde „Trans“ nicht ganz oben auf der Liste. <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Anarchist" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Anarchist</span></a>, <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Schriftsteller" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Schriftsteller</span></a>, <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Punk" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Punk</span></a>, <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Grufti" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Grufti</span></a>, sogar einfach „<a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Frau" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Frau</span></a>“ würde vor trans kommen. Woran ich glaube, was ich der Welt biete, wie ich meine Zeit verbringe, meine Ästhetik, all das ist für mich so viel wichtiger als mein Geschlecht.
</p><p>Und doch stehe ich hier mit meinen Freunden im Zentrum eines Kulturkrieges.
</p><p>Ich mag den Kulturkrieg nicht einmal. Der Kulturkrieg ist eine Ablenkung, die von den Mächtigen geschaffen wurde, um den Rest von uns dazu zu bringen, untereinander zu kämpfen. Ich muss mich jedoch dagegen wehren, denn die einzige andere Option ist, ihn zu verlieren. Es ist wie bei Menschen, die der <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Ukraine" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Ukraine</span></a> sagen, sie solle den Frieden suchen – natürlich wollen die Menschen in der Ukraine <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Frieden" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Frieden</span></a>, aber wenn man nicht derjenige ist, der einen Krieg begonnen hat, ist der einzige Frieden, der einem angeboten wird, der Frieden des Gefangenen oder der Frieden des Grabes.
</p><p>In dem Kulturkrieg, an dem ich teilnehme, sind Kompromisse nicht möglich, denn die Trans-Position lautet: „Wir sollten gleichberechtigt mit Cis-Menschen leben dürfen“, und die Anti-Trans-Position lautet: „Versteck dich wieder und/oder stirb.“
</p><p>Wir haben nicht um Krieg gebeten, aber der Krieg ist da. <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Antikriegsbewegung" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Antikriegsbewegung</span></a>en machen nur Sinn, wenn sie sich gegen den <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Aggressor" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Aggressor</span></a> richten. „Gebt dem Frieden eine Chance“ war ein guter Slogan in den USA während des# Vietnamkriegs, aber er hätte nicht so viel Sinn ergeben, wenn man in <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Vietnam" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Vietnam</span></a> gelebt hätte.
</p><p>Es ist ein unwirkliches Gefühl, für etwas kriminalisiert zu werden, das sich wie ein so kleiner Teil dessen anfühlt, wer ich bin, aber so funktioniert Unterdrückung nun einmal. Manche Frauen legen Wert darauf, Frauen zu sein, anderen Frauen ist es egal, Frauen zu sein, und das hat noch nie eine von uns, Cis- und <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Transfrauen" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Transfrauen</span></a>, davon abgehalten, von der <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/patriarchalisch" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>patriarchalisch</span></a>en Gesellschaft unterdrückt zu werden.
</p><p>Es ist also sinnvoll, sich nach Geschlecht oder einer anderen unterdrückten Position zu organisieren. Es ist sinnvoll, stolz darauf zu sein, Teil der feministischen Bewegung zu sein, Teil des Kampfes für die Befreiung der <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Queers" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Queers</span></a>. Ich bin stolz darauf, Teil einer Linie zu sein, zu der auch die <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Stonewall" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Stonewall</span></a>-Unruhen gehören. Noch stolzer bin ich jedoch, Teil einer Linie zu sein, zu der auch Willem Arondeus gehört, der niederländische Schwule, der mit seinen schwulen Freunden in <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Amsterdam" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Amsterdam</span></a> die Akten der <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Nazis" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Nazis</span></a> verbrannte. Seine letzten Worte vor seiner Hinrichtung, die an seine lesbische Anwältin weitergegeben wurden, lauteten: <em>„Lasst es alle wissen, dass <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Homosexuelle" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Homosexuelle</span></a> keine Feiglinge sind.“</em>
</p><p>Ich habe in meinem Leben noch nie eine <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Pride" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Pride</span></a>- oder <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Trans" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Trans</span></a>-Flagge gehisst. Ich bin keineswegs dagegen, aber ich hatte immer das Gefühl, dass meine Flagge das solide Schwarz des <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Anarchismus" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Anarchismus</span></a> oder das Schwarz und Rot des <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Anarchokommunismus" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Anarchokommunismus</span></a> ist. Meine Flagge ist das Schwarz mit gekreuzter Sense und Speer, mit der Aufschrift „Tod der Bourgeoisie“ in russischer Sprache, die von den Rebellen in <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Kronstadt" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Kronstadt</span></a> gehisst wurde, die zuerst gegen den Zaren und dann gegen die <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Bolschewiki" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Bolschewiki</span></a> kämpften, die die neuen Zaren wurden. Für mich bedeutet queere Befreiung die Befreiung aller Menschen von allen Herrschern. <em>„Sieg oder Tod!“</em> in einem Krieg gegen die <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Oligarchie" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Oligarchie</span></a> zu rufen, klingt verdammt queer.
</p><p>Jetzt, in einer Welt, in der Staaten daran arbeiten, sowohl geschlechtsbejahende Fürsorge als auch <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Transidentit%C3%A4t" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Transidentität</span></a> völlig zu kriminalisieren, ist meine Flagge wohl auch eine <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Regenbogenflagge" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Regenbogenflagge</span></a>. Meine Flagge besteht auch aus einem Bündel Streifen in Babyfarben. Das sind jetzt meine Flaggen, weil aus irgendwelchen absolut schwachsinnigen Gründen ein großer Prozentsatz der Menschen von ihren rechtsgerichteten Herrschern davon überzeugt wurde, dass es die wichtigen Themen des Tages sind, was in den Hosen der Menschen steckt und wen die Menschen lieben.
</p><p>Die Leute sagen, dass der Kulturkrieg eine Ablenkung ist, was wahr ist. Es ist nur nicht die Art von Ablenkung, die man ignorieren kann. Beim Boxen lenkt der Jab vom Cross ab, aber das bedeutet nicht, dass man den Jab ignorieren kann.
</p><p>Der Kulturkrieg wird von unseren Feinden geführt, um zu spalten und zu erobern, um uns davon abzuhalten, <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Autoritarismus" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Autoritarismus</span></a> und <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Oligarchie" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Oligarchie</span></a> zu bekämpfen. Es ist jedoch besser, den Kulturkrieg nicht als Fata Morgana zu betrachten, als etwas, das man ignorieren kann, sondern als einen der Schergen unseres Feindes. Stell dir das Ganze wie ein altes Final-Fantasy-Spiel vor (das ist das Trans-Frauen-bezogenste, was ich heute sagen werde). Du hast deinen Bosskampf, gegen den großen bösen <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Faschismus" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Faschismus</span></a>. Er hat einen Haufen Schergen vor sich ausgebreitet. Wenn du einen dieser Schergen besiegst, taucht an seiner Stelle ein anderer auf, bis du den Faschismus besiegt hast. Die Sache ist jedoch die, dass diese kleinen Schergen dir die ganze Zeit Schaden zufügen. Vielleicht kämpfen wir nicht <em>„zuerst“</em> gegen sie, aber wir kämpfen gegen sie zur gleichen Zeit, in der wir gegen den Faschismus kämpfen.
</p><p>Die Sache ist jedoch die: Wenn dies unser Endgegner in Final Fantasy ist, sind wir nicht allein hier. Es gibt noch andere in unserer Gruppe. Wir alle haben ein Interesse an diesem Kampf (und es gibt noch andere Schergen, die vor ihm liegen).
</p><p>Ich denke mindestens einmal pro Woche an etwas, das mir ein alter Bergarbeiter erzählt hat, als ich das erste Mal viel Zeit in West Virginia verbracht habe. Er war gerade aus dem Gefängnis entlassen worden, weil er gegen den <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Kohleabbau" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Kohleabbau</span></a> auf Berggipfeln protestiert hatte, und er sprach davon, wie er Ende der 60er Jahre in den <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Appalachen" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Appalachen</span></a> gegen den Krieg protestiert hatte. „Wir standen mit unseren Antikriegsschildern an einer Straßenecke, die <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Schwulenrechtsaktivisten" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Schwulenrechtsaktivisten</span></a> mit ihren Schildern an einer anderen Ecke und die <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Schwarzenbefreiungsbewegung" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Schwarzenbefreiungsbewegung</span></a> mit ihren Schildern an einer weiteren Ecke. Dann wurde uns klar, dass wir alle viel lauter und mächtiger wären, wenn wir alle an derselben Ecke stehen würden, also haben wir uns zusammengetan.“
</p><p>Es geht um „mitmachen oder untergehen“, und zwar jetzt. Ich habe genug Geschichte gelesen, um zu wissen, dass ich das wörtlich meine. Ich glaube nicht, dass in meinem Leben in diesem Land jemals mehr auf dem Spiel stand. Wenn wir uns nicht für die <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Pal%C3%A4stinenser" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Palästinenser</span></a> einsetzen, wenn wir uns nicht für <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Migranten" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Migranten</span></a> einsetzen, wenn wir uns nicht für Queers einsetzen, wenn wir nicht zusammenstehen, dann ... nun, wir haben alle das Gedicht gelesen.
</p><p>
</p><p>Zur <a href="https://www.trueten.de/archives/13611-Ein-unfreiwilliger-Soldat-im-Kulturkrieg-oder-Es-ist-mir-ehrlich-gesagt-nicht-so-wichtig,-trans-zu-sein,-aber-hier-sind-wir-nun-einmal.html" rel="nofollow noopener" target="_blank">Übersetzung</a> des Beitrags An Unwilling Soldier in the Culture War or: I honestly don't really care that much about being trans but here we arevon <span class="h-card" translate="no"><a href="https://kolektiva.social/@margaret" class="u-url mention" rel="nofollow noopener" target="_blank">@<span>margaret</span></a></span> </p><p></p><p><a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Feminismus" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Feminismus</span></a> <a href="https://mastodon.trueten.de/tags/Antifa" class="mention hashtag" rel="nofollow noopener" target="_blank">#<span>Antifa</span></a></p>